„Nur ein Tag“ von Martin Baltscheit

nureintagEigentlich wollen sich das Wildschwein und der Fuchs gar nicht mit der frisch geschlüpften Eintagsfliege anfreunden – schließlich wissen sie genau, dass diese nicht lange zu leben hat – im Gegensatz zu der Fliege, die denkt, dass sie eine Maifliege ist. Doch das kleine Insekt ist so süß und so lieb, dass sie sich doch darauf einlassen. Und weil sie es nicht über sich bringen, ihr zu erzählen, dass sie nur einen Tag zu leben hat, sagt das Wildschwein, dass es der Fuchs ist, der bald sterben muss. Sofort vergeht die Eintagsfliege fast vor Mitleid und beschließt, dem armen Fuchs das Glück zu bringen – „denn wer nur einen Tag hat, der braucht das ganze Glück in 24 Stunden.“ An diesem einen Tag soll er alles erleben, was das Leben zu bieten hat: Er besucht die Schule, macht eine Berufsausbildung zum Hühnerjäger und gründet eine Familie – Wildschein, Fuchs und Eintagsfliege spielen „Vater, Mutter, Kind“. Doch natürlich findet die Eintagsfliege irgendwann heraus, dass die beiden Freunde ihr nicht die Wahrheit gesagt haben, und flieht enttäuscht in den Wald…

 

Ursprünglich schrieb Martin Baltscheit „Nur ein Tag“ als Theaterstück für Kinder, erst jetzt veröffentlichte er es als Buch. Die Geschichte ist urkomisch und todtraurig zugleich. Dazu tragen auch die Illustrationen von Wiebke Rauers bei, die der Eintagsfliege und ihren Freunden Fuchs und Wildschein besonderen Charakter verleihen. Das schwierige Thema Tod wird hier kinderfreundlich und klug aufbereitet. Und auch andere philosophische Fragen werden angesprochen – ausgerechnet von der kleinen Fliege, die noch so jung und doch so weise ist, zum Beispiel wenn sie an die Rolle des Fuchses als Hühnerjäger denkt: „Kann man nicht einfach kuscheln statt killen? Wäre Kuscheln nicht die bessere Idee? Jedes Mal, wenn einer auf den Gedanken kommt, einen anderen umzubringen, wird er einfach umarmt. Lange und fest und wenn das nicht reicht, länger und fester.“ Ach, kleine Fliege, wenn es so einfach wäre.

 

„Der Tod ist wie das Leben – unvermeidbar. Niemand weint über das Leben und deshalb sollte auch keiner über den Tod weinen“, sagt der schlaue Fuchs. Natürlich weinen Fuchs, Wildschein und Leser trotzdem gemeinsam, als die kleine Eintagsfliege gehen muss. Und trotzdem bleibt ein Trost, denn etwas von ihr bleibt zurück – unter anderem die Erinnerung an eine liebe Freundin und unvergessliche gemeinsame Erlebnisse. Am Ende verstehen Fuchs und Wildschein den Kreislauf des Lebens. Ein unglaublich berührendes Buch über Verlust und Freundschaft – absolute Leseempfehlung.

 

„Nur ein Tag“ von Martin Baltscheit ist bei Dressler erschienen.

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